Jahresbericht 2022

Jahresbericht 2022

September 21, 2023

Aktuelles

Nach 6 Jahren Schulung und Betreuung können wir im Dezember 2022 das Agrarprojekt Wema Planta im Norden Benins abschließen - ganz nach dem Prinzip „Hilfe zur Selbsthilfe“.

Im Jahr 2016 hatten wir zusammen mit der ONG CERD-BENIN Jean Touota das Projekt gestartet und mit Unterstützung vom BMZ (Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung) erfolgreich umgesetzt.

Die Methode der ökologisch, nachhaltigen Ackerwirtschaft hat im ganzen Land großes Interesse geweckt. So mussten wir bald die Zielgruppe erweitern. Wir fingen mit 800

Landwirten an und heute sind es 2.250 Bauern und Bäuerinnen die überzeugt sind und dieses Verfahren auch weiterhin anwenden werden. Ihre Ernährungssituation hat sich verbessert, die Qualität und der Ertrag der Feldfrüchte sind um ein Vielfaches angestiegen. Die verbesserte Bodenqualität, das angewandte Prinzip der Agroforstwirtschaft und die

Pflanzung von Baobab-, Karité- und Néré-Bäumen wirken sich positiv auf den Klimawandel aus.

Karitébäumchen veredelt Einpflanzen der Baobab Stecklinge
Karitébäumchen veredelt Einpflanzen der Baobab Stecklinge

 

Ein Projekt wird beendet und ein Neues gestartet.

Es ist uns eine Herzensangelegenheit weitere Landwirte in neuen Gebieten an die nachhaltige Agrar- und Ernährungswirtschaft heranzuführen. In den sechs Jahren WEMA

PLANTA haben wir die Erfolge und vor allem die Begeisterung und Motivation der Landwirte gesehen. Das Prinzip der nachhaltigen Ackerbauwirtschaft macht Schule. So haben

sich weitere 1.125 Bauern/Bäuerinnen aus den Gebieten Kouandé und Savalou für das neue Projekt beworben. Zusammen mit unserem langjährige Partner Gabaki Coffi (ONG Horizon d’Espoir) wurde der nächste Antrag ausgearbeitet. Wir haben die Projektlaufzeit auf vier Jahre ab Februar 2023 angelegt und hoffen, dass das BMZ dem Antrag zustimmt.

Maiskolben Sammelstelle für den Transport zum Maisspeicher
Maiskolben Sammelstelle für den Transport zum Maisspeicher
Soja dreschen
Soja dreschen

Informatikzentrum

In unserem letzten Jahresbericht hatten wir von dem geplanten Informatikzen- trum berichtet.

Der Bürgermeister von Kouandé ist ein sehr innovativer und fortschrittlicher Mensch. Er denkt auch an die Jugendlichen und an ihre Neugier und ihren Informationshunger. Ein Informatikzentrum mit einem/r gut ausgebildeten

Lehrer* wäre fantastisch, ein Traum. König Tossounon Tokou-Sari stellt ein Grundstück zur Verfügung und das Departement baut mit unserer Hilfe das Gebäude und kümmert sich um die Ausbilder*. Michael Erhart unser neuer Mitarbeiter von Wema-Home hat schon ca. 25 bis 30 Laptops von Labdoo bekommen.

Labdoo ist ein weltweites Netzwerk ehrenamtlicher Helfer*, das Kindern und Jugendlichen digitale Teilhabe im In- und Ausland ermöglicht, indem z.B. Laptops kostenlos zur Verfügung gestellt werden. Wegen der noch fehlenden ministeriellen Genehmigung

hat der Bürgermeister keine Befugnis den Bau zu beginnen. Die Verwaltung arbeitet in Benin genau so zäh wie bei uns. Wir können nur abwarten und hoffen.

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Hochwasser

Pierre hatte einen Unfall bei dem mir immer noch die Haare zu Berge stehen, wenn ich

nur daran denke. Tagelang regnete es mit einer Stärke wie man sie nur in den Tropen erlebt. Agbado, der Fluss der die Felder vom Dorf trennt war eine reißende, weit über die

Ufer getretene Wassermasse geworden. Pierre fuhr mit seinem Tricycle vollgeladen mit Baumsetzlingen in Richtung Brücke. „Da kommst du nicht weiter Pierre, die Brücke ist überschwemmt“, riefen ihm seine Freunde zu. „Ach was, das bisschen Wasser geht mir

gerade mal bis Mitte Unterschenkel. Ich will die Setzlinge nach Awindji bringen. Die Bauern warten auf die Lieferung. Jetzt ist die beste Zeit zu pflanzen das wisst ihr doch“. Er

setzte sich auf sein Lastenmotorrad und los ging’s. Sein bester Freund stellte sich ihm in den Weg und wollte ihn aufhalten, aber wenn Pierre sich etwas in den Kopf gesetzt hat, ist er sehr schwer zu bremsen. Mit einer großen Bugwelle fuhr er auf die Brücke. Es

schien alles gut zu gehen. Denkste! Gleich nach dem Widerlager der Brücke, durch die tobende Flut nicht zu sehen, war ein großes Stück der Straße weggerissen. Tief war es auch,

denn Pierre versank mit seinem Tricycle im Wasser und wurde von der Strömung fortgerissen. Gott sei Dank reagierten seine Freunde schnell. Zacharias schlang sich das Seil, das

er gerade am Markt zum Einhegen seiner Rinder gekauft hatte, um den Bauch und sprang

in die Fluten. Zwei kräftige Männer sicherten ihn. Zacharias erwischte den um sich schlagenden Pierre am Arm und mit vereinten Kräften wurden beide an Land gezogen. Triefnass und schlotternd umarmte er seinen Freund. „Plötzlich war alles grün vor meinen Augen. Noch nie in meinem Leben war ich mit dem Kopf unter Wasser“ erzählte Pierre schockiert. Die Krux war, er kann nicht schwimmen. Das Tricycle wurde zerschmettert und 250

Bäumchen weggeschwemmt. Wir sind heilfroh, dass Pierre gerettet wurde und den

Schock gut weggesteckt hat. Pierre ist einer unserer wichtigsten, loyalsten und engagiertesten Mitarbeiter. Er hat die Fähigkeit Menschen zu begeistern und zu führen.

Brunnen für Fuktum

Fuktum liegt im Nord/Westen Benins nahe der Grenze zu Togo. Es ist ein sehr armes Dorf. Die meisten der Bewohner sind Bauern und leben von Subsistenzwirtschaft. Ich mag die Menschen dort, weil sie fleißig, offen und ehrlich sind. Schüler, Lehrer und Dorfbewohner bewarben sich gemeinsam um beim Projekt „Fôrèt/Jardin sacré“ teilnehmen zu dürfen. „Oh mein Gott“ dachte ich als ich das Gelände sah, „hier kann doch nichts wachsen“. Steine, Felsen und ein paar mickrige, vertrocknete Büsche. Der Dorfchef kam mit einem

strahlenden Lächeln auf mich zu und verbeugte sich. Er ist so dankbar, dass sein Dorf aus- gewählt wurde. „In ein paar Jahren werdet ihr sehen, was daraus geworden ist“, meinte

eine alte Bäuerin und klatschte in ihre verarbeiteten Hände. Sie hatte recht gehabt, es ist ein kleiner Wald gewachsen.

Klassenzimmer in Fuktum
Klassenzimmer in Fuktum

Jetzt haben sie ein schönes, kleines Wäldchen von den Schulkindern gepflegt und geschützt, aber in der, durch einen starken Sturm einsturzgefährdeten Schule, sitzen sie auf

rauen Baumstämmen und arbeiten auf sägerauhen Tischplatten. Ein Neubau der Schule ist dringend notwendig und steht für 2023 auf unserem Plan. Die Lösung der fatalen Wasserversorgung in Fuktum haben wir uns noch für dieses Jahr vorgenommen und die Bohrung eines Brunnens in Auftrag gegeben. Frauen und Kinder, hauptsächlich Mädchen, holen täglich Wasser in Chabi Kouma, welches in Kanistern auf dem Kopf über ca. neun Kilometer nach Hause getragen wird. Zu Beginn der Trockenzeit – Ende November – wird die Bohrchrew anrücken. Das wird ein Fest werden wenn das Wasser fließt und eine große Erleichterung für die Frauen und Mädchen sein.

Einsturzgefährdet

Gangbanou, der Dorfchef ließ Pierre rufen. „Guten Morgen Pierre, ist deine Familie gesund? Wie läuft deine Arbeit?“ „Es ist alles in bester Ordnung bei uns. ToGan (Dorfchef),

du hast mich rufen lassen, es ist jetzt morgens drei Uhr“. „Setze dich, ich habe etwas mit dir zu besprechen. Ich bin gerade aus einem fürchterlichen Traum aufgewacht. Mir

träumte, dass das Haus von Marianne und Alice eingestürzt ist und beide von den Trümmern erschlagen wurden. Ich stand da, hatte zwei weiße Leichen und wusste nicht auf

welche Art sie begraben werden. Plötzlich waren überall Polizisten. Sie stellten nur dumme Fragen, auf die ich keine Antwort wusste. Sage mir ehrlich, wie sicher und fest steht

dieses Haus“. „ToGan du weißt wie alt das Haus ist. Es wohnen Termiten in den Mauern und schon lange gibt es tiefe Risse in den Wänden. Ab und zu fällt ein Dachsparren, den die Termiten angefressen haben, herunter, aber es steht noch. Marianne weiß, dass das

Haus sehr altersschwach ist. Sie diskutierte schon mit Moise unserem Maurer. Er versprach die schwächsten Stellen auszubessern und zu verstärken“. „Das beruhigt mich

aber nicht“ meinte Gangbanou. „Kann sie denn kein neues Haus bauen“? Nein ToGan, das kostet zu viel. Ich kümmere mich darum, dass alles zum Besten gemacht wird“. Als Pierre uns das beim Frühstück erzählte wussten wir jetzt wird es ernst. Pierre, Moise und ich

gingen die ganzen Schwachstellen des Hauses ab und besprachen was und wie sie zu reparieren sind.

Alice und ich waren ungefähr zwei Wochen zu Hause als Pierre anrief, „Marianne, eine Hauswand ist eingestürzt und genau auf die Matratze von Alice gefallen. Wenn sie dort geschlafen hätte wäre sie jetzt tot“. Danke an unsere Schutzengel.

Gangbanou ToGan der Dorfchef von Gobada
Gangbanou ToGan der Dorfchef von Gobada

 

Mitgliederversammlung

Am 4. März 2022 konnten wir uns endlich wieder zu einer Mitgliederversammlung zusammen treffen. Dabei wurden unsere beiden neuen Mitarbeiter vorgestellt. Die Geschwister Andrea und Michael Erhart. Sie hatten als erstes unsere Webseite neu gestaltet. Es war eine große Herausforderung für sie, weil sie sich erst in das Metier einarbeiten mussten An dieser Stelle danken wir ihnen nochmals herzlich. Laut Satzung musste der Vorstand gewählt werden. Tanja Straka, die seit 2016 im Vorstand war, stellte sich nicht mehr zur Wahl. Seit Juli

2019 hat sie eine Festanstellung an der Technischen Universität Berlin und ihr bleibt wenig Zeit aktiv bei Wema Home mit zu arbeiten.

An dieser Stelle danken wir ihr nochmal ganz herzlich für ihr Engagement. Andrea Erhart wurde einstimmig zur Schriftführerin in den Vorstand gewählt.

Mir ist es eine Freude, mich kurz vorstellen zu dürfen, mein Name ist Andrea Erhart und seit diesem Jahr, freue ich mich, mit im Vorstand von Wema Home e.V. mitzuwirken. Ich schreibe aktuell an meiner Dissertation in Volkswirtschaft und Statistik an der Universität Innsbruck und arbeite dort in einem Forschungsteam für Verhaltens- und Experimentale Ökonomie. Daher ist meine Vorfreude groß, die geplante Umsetzung einer Forschungsfrage in Benin durchzuführen. Wir planen verhaltensökonomische Experimente in Benin, um Wege zu finden, die Akzeptanz nach- haltigeren Verhaltens zu steigern und erklären zu können, besonders wie sich Generatio- nen dabei beeinflussen.

Mit meinem Bruder Michael Erhart, der nun seinen PhD an der Technischen Universität München beginnen wird, und sich mit dem Thema der nachhaltigen Stromversorgung in Kashmir beschäftigt, kümmern wir uns um die Webseite von Wema-Home e.V. und um weitere Aufgaben im Verein.

Ja, was wäre Wema Home ohne seine Spender, Unterstützer und ehrenamtlichen Mit- arbeiter? Ohne euch könnten wir all diese Arbeit nicht leisten.

„Wenn du schnell gehen willst geh‘ alleine. Wenn du weit kommen willst, geh‘ gemein- sam.“

(Afrikanisches Sprichwort)

In diesem Sinne realisieren wir mit viel Freude unsere Projekte die uns in Benin am Her- zen liegen.

So, noch abschmecken, dann ist die Silvesterbowle fertig!
 

Ganz herzlichen Dank für Eure Begleitung und Unterstützung.

Liebe Grüße, ein frohes Weihnachtsfest und ein glückliches neues Jahr bei guter Ge- sundheit wünschen Euch

Marianne Dötzer und Alice Sücker